Mit oneshot-Videos den Bewegtbildmarkt revolutionieren, Original bei Newsroom.de
Newsroom.de-Chefredakteur Bülend Ürük:
Herr Rüsberg, das Thema Bewegtbild wird Online immer wichtiger. Warum?
Kai Rüsberg: Weil darin der Mehrwert liegt. Web Video kann eine perfekte Symbiose gleichermaßen für geschriebenen Text und für das Fernsehen sein. Ich kann die Portion Authentizität und Emotion im Bewegtbild transportieren und den nötigen Hintergrund im Text auf der Webseite mitliefern. Das können die klassischen Formen wie Zeitschrift oder TV alleine nicht. Trotzdem läuft es im Web bisher aber genauso: Entweder Text oder Video. Eine Verschmelzung findet viel zu selten statt. Ich vermute, es liegt sowohl am mangelndem Know-How als auch an der Angst vor hohen Kosten.
Bülend Ürük: Wie können sich aus Ihrer Sicht Journalisten für das steigende Interesse an Bewegtbild fitmachen?
Kai Rüsberg: Mach. Es. Einfach. So lautet mein Motto für das Web. Mit beiden Bedeutungen: Einfach mal ausprobieren und technisch einfach umsetzen. Ich habe dafür die #oneshot-Video Mini-Reportage entwickelt. Ein Ort, ein Dreh, ein Schnitt. Fertig. Es ist eine Art Quasi-Live-Reportage. Darin kann man eine begrenzte Zahl von Bildern und Einstellgrößen einfangen, die alle an einem Drehort verfügbar sind. Dazu kommen kurze Interviewstatements und der Live-Kommentar des Autors. Das ist zwar im Detail recht anspruchsvoll in der Umsetzung, das habe ich von Kollegen in den Schulungen rückgespiegelt bekommen. Dafür ist es eine sehr authentische, geradezu klassische Autoren-Reportage. Zudem ist sie schnell und kostengünstig produziert. Sendelänge: Twitter, also max. 140 Sekunden. Produktionszeit 5 Minuten. Unschlagbar. Solch ein #oneshot-Video ist schneller online als ein Text.
Bülend Ürük: Was müssen aus Ihrer Sicht Journalisten beachten, damit ihre Arbeit vom Zuschauer online nicht als Amateurwerk abgetan wird?
Kai Rüsberg: Professionelle Standards einhalten: Vorrecherche, Themensetzung, Neutralität, Equipment. Aber: im Bild darf es auch mal (ein wenig) wackeln. Man darf sich auch mal versprechen oder dumm nachfragen, wenn man eine Interviewäußerung nicht versteht. Man sollte aber auch nicht den Eindruck erwecken, mit einem 2-Min. Video das ganze Thema abzudecken. Weitere Details oder Standpunkte kann ein zweites Video oder der begleitende schriftliche Bericht abdecken. Ein einzelnes Video kann nicht alles leisten.
Bülend Ürük: Was benötigen Journalisten an Technik, um Videos fürs Web drehen zu können?
Kai Rüsberg: Für den Start reicht bei einem #oneshot-Video ein hochwertiges Smartphone, ein Stativ mit Adapter und ein Richtmikrofon mit Adapterkabel. That’s all. Gute Erfahrungen habe ich mit iPhone und Samsung Galaxy gemacht. Wenn ich eher Interviews oder Statements produziere, bin ich aber mit einer Einsteiger DSLR mit HD-Video deutlich besser bedient. Die ist aber als Ein-Mann-Reportagekamera von Anfängern kaum zu beherrschen. Es kommen zur Zeit immer mehr interessante Semi-Profi Camcorder auf den Markt. Oft mit einer WLAN-Koppelung zum Verschicken per Web. Für Einsteiger sind sie aber weniger geeignet.
Bülend Ürük: Wie hoch ist der Betrag, den man in seine eigene Ausrüstung investieren sollte?
Kai Rüsberg: Zunächst in den Blick fürs Bild. Ohne den hilft die teuerste Ausrüstung nichts. Hobbyfotografen sind im Vorteil. Ansonsten brauchen Einsteiger nicht über ein Semi-professionelles Equipment hinaus zu gehen. Das beherrschen Spezialisten ohnehin besser. Insgesamt kostet das beschriebene Set etwa 1.000 Euro. Wenn ich nicht schon das meiste besitze. Zusätzlich leistet ein einfacher Audiorekorder gute Dienste.
Bei #Oneshot-Videos fällt der Schnitt weg. Das File kann im Smartphone vorne und hinten versäubert werden. Eine weitere Nachbearbeitung im Smartphone ist Frickelei. Dann lieber das Videofile auf ein Laptop oder ein Tablet überspielen und dort schneiden und nachvertonen. Brauchbare Software gibt es ab 100 Euro. Einfache Schnitte/Montagen kann man aber auch in YouTube machen.
Bülend Ürük: Webvideos haben häufig eine andere Ästhetik als Videos, die fürs Fernsehen produziert wurden. Was ist der Hauptunterschied?
Kai Rüsberg: Journalistisches Video war bislang zumeist Schnittbild, O-Ton, Schnittbild. Darauf sind wir im TV konditioniert: Macher und auch Zuschauer. Im Internet funktioniert das nicht und wirkt langweilig und austauschbar. Ohne Persönlichkeit und Authentizität funktioniert journalistisches Web-Video zumeist nicht. Damit meine ich aber nicht, dass der Autor grundsätzlich seine Nase ins Bild halten muß. Seine Einschätzung und seine Haltung sollten sichtbar sein. Und trotzdem: unvoreingenommen und neugierig bleiben.
Bülend Ürük: Verlage wollen gerade freien Journalisten immer weniger Geld für Beiträge geben. Wie können freie Journalisten trotz der schmalen Budgets dennoch qualitativ ansprechende Videos fürs Web produzieren, ohne sich komplett selbst auszubeuten?
Kai Rüsberg: Professionalität in kurze Produktionszeiten umsetzen. Das bedeutet, seine eigenen Stärken finden, ausbauen und anbieten. Wer viel Routine hat, braucht nicht jedes Mal neu anfangen.
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Reproduktion des Interviews zu Web Video mit freundlicher Genehmigung von Newsroom.de-Chefredakteur Bülend Ürük.
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