Wie sammelt man O-Töne ein oder führt Interviews mit Menschen, die anderen Orten sitzen? Das ist ein Problem, das man mit einer App lösen kann: Anchor heißt die App, die bislang nur in englisch erschienen ist. Ideal für Radio Journalisten und Podcastproduzenten.
Mit dem Smartphone kann der Autor einen Audiobeitrag von max. 2 Minuten einsprechen und veröffentlichen. Diese Aufnahme kann geteilt und von jedermann abgehört werden. Der Clou ist aber, dass jeder Appnutzer darauf mit einer Audio-Aufnahme antworten kann – und dies in voller Qualität, die das eingebaute Mikrofon des Smartphones zulässt. Und die ist durchweg Radio-tauglich.
So funktioniert Anchor
Die Interviewpartner müssen dazu die App nutzen (Android und iOS) und die Aufnahme funktioniert nur mit Smartphones. Auf dem PC aber kann man das Ergebnis zumindest anhören.
Jeder App-Nutzer kann mit seinen Audio-Kommentar auf die vorhandene Aufnahme antworten, in dem er einfach seinen Text aufspricht. Das Audio wird angehängt und mit einem Trennton abgesetzt (ggfs. wird eine vorab eingesprochenes Audio-Signet des Nutzers hinzugefügt). Jeder weitere Kommentar (immer max. 2 Minuten) wird danach hinten angefügt. So kann eine bunte Diskussion entstehen, die entweder ausschnittsweise genutzt oder zum Beispiel als Ganzes als Podcast veröffentlicht werden kann. In Anchor ist jeweils jedes einzelne Audio als auch die Gesamtaufnahme mit Sprungmarken abrufbar.
Nutzungsidee: Reportage in Etappen
Die App könnte auch ganz anders verwendet werden: als Reportageplattform für sich fortentwickelnde Stories. Dazu spricht man nacheinander die Episoden ein und meldet sich wieder mit der nächsten Episode. Das könnte eine Einleitung sein, dann ein Augenzeugeninterview, dann eine weitere Reportagesequenz, dann ein O-Ton mit einem Offiziellen und eine Schlußreportage.
Nachteil und Vorteil dieses Verfahrens: Jeder Abschnitt ist sofort online und der erste Link behält dauerhaft seine Gültigkeit. Der Aufwand für den Reporter ist maximal 2 Minuten. Man braucht aber immer eine Internetverbindung. Zudem kann auch jeder andere Anchor-Nutzer seinen Beitrag dazwischen einsprechen. Chance und Risiko: Das könnte den Fluss der Geschichte stören oder plötzlich zusätzliche Informationen vielleicht vom gleichen Ort einfügen, um die sich der Reporter gar nicht selbst kümmern muss.
Im Idealfall wird es eine spannende Reportage, die sich immer weiter entwickelt. Noch spannender wird es, wenn Reporter an verschiedenen Orten eine Story abwechselnd weiter erzählen.
Meine erste Aufnahme
Hier meine Aufnahme, mit der ich versucht habe, Interviewpartner zum Thema Brandgefahr bei Lithiumbatterien zu finden. Das Problem bei Anchor ist noch, dass sie nur auf den angle-amerikanischen Sprachraum ausgerichtet ist. Daher muss man selbst per Social Media für Kommentare sorgen.
Download aus Anchor per Trick
Ein Download ist eigentlich nicht vorgesehen. Radiojournalisten, die die Aufnahme später nutzen wollen, müssten sie anschließend beim Abspielen 1:1 aufnehmen. Von mir gibt es aber einen kleinen Trick, wie man die Audio-Datei dennoch herunter laden kann.
Dazu muss im Browser der Quelltext der Abspielseite der Audiodatei geöffnet werden. Bei mir wäre das: https://anchor.fm/w/A46CF8
In der Quelldatei muss man die folgende Zeichenkette suchen (mit Strg/Apfel-F):
<meta name="twitter:player:stream" content="
Direkt dahinter steht dann der Filename, den ihr kopiert und in die Adresszeile des Browsers eintragt. Bei mir heißt die MP4 Datei kryptisch “https://dsmv6m9so2sgl.cloudfront.net/clips/2016-10-21/LAjGvqtlvdqqOvD712RI26JVkC5dDMUn.m4a”
Danach kann man die Datei abspeichern (Bei Windows: rechte Maustaste, Speichern unter…).
Auch Heike Stiegler hat darüber geschrieben: http://heisti.com/anchor-der-mikro-podcast/
Anchor ist aus meiner Sicht noch etwas schwer in Deutschland unter die Leute zu bringen. Soundcloud sehe ich da eher, AudioBoom wäre eine Alternative.
Frage: Wie ist denn Heikes Artikel nicht verlinkt?
Anchor hat eine andere Qualität als Soundcloud und Audioboom. Hier können Nutzer direkt mit Audio antworten, ohne einen Beitrag erst erstellen und hochladen zu müssen. Theoretisch kann das eine ganz schöne Dynamik bekommen, wenn dort eine Diskussion losbricht. Und zudem habe ich als Autor dann Material, dass ich weiter verwenden kann.
PS: Ich habe die Antwort auch in Anchor aufgesprochen: https://anchor.fm/w/a46cf8
Dort könnt ihr auch mit einer Ton-Aufnahme per App antworten.
Heike Stieglers Artikel: http://heisti.com/anchor-der-mikro-podcast/