Tippgeber mit Insiderwissen sind eine wichtige Informationsquelle für Journalisten. Sie können ganz wesentlich dazu beitragen, die Demokratie und das Recht zu schützen. Die Pressefreiheit bedeutet auch Quellenschutz: ein Schweigerecht des Journalisten, dessen Berufsethos es verbietet, seine Quellen preiszugeben. Bei anonymen Hinweisen an die Presse steht ein Journalist vor der Herausforderung, die Qualität der Information zu bewerten. Es fällt leichter, wenn der direkte Kontakt mit dem Informanten gegeben ist, auch wenn er unter Pseudonym ein Unbekannter bleibt.
Wenn Sie mir einen Terminhinweis senden wollen oder sich mit mir treffen wollen, senden Sie mir hier eine Anfrage:
Terminvorschlag bei Doodle (https://uaruhr.doodle.com/Ruhrnalist)
Hier folgen Tipps für die Zusammenarbeit, die ich mit Genehmigung von Ulrich Greveler übernommen habe, die er bereits 2012 erstmals veröffentlicht hat, die aber noch immer aktuell sind.
Wie gibt man anonyme Tipps?
Wie sollten sich Journalisten verhalten, die einen anonymen Hinweis per Mail erhalten und ihre Informanten umfassend schützen wollen?
Unvorsichtige Whistleblower sind zu informieren und nicht zu identifizieren! Die Technologie, mit der Hinweisgeber auf sichere anonyme Weise mit der Presse oder auch mit Behörden kommunizieren können, sind sogenannte Remailer und das Prinzip der Pseudonymisierung (in Abgrenzung zur Anonymisierung, die keine weitere Kommunikation ermöglicht). Das Prinzip geht auf Ideen von David Chaum zurück, der 1981 erstmals Mixe (Nachrichtenvermittler zwischen den kommunizierenden Parteien) beschrieb, die eine Kommunikation ohne Aufdeckung einer oder beider Parteien ermöglicht.
E-Mail über Remailer senden
Prinzip: Der Nutzer schickt seine E-Mail an einen Remailer (ein Mix-Rechner im Internet). Dieser entfernt alle Kopfdaten, die Rückschlüsse auf den Absender zulassen könnten. Wenn die E-Mail mehrere Remailer durchlaufen hat, landet sie schließlich beim Empfänger. Sofern mindestens einer der Mixe vertrauenswürdig ist, bleibt der Absender verborgen. Die Verwendung von Remailern ist leider nicht ohne technische Kenntnisse möglich, insbesondere sind erläuternde Webseiten und die benötigte Software oft hoffnungslos veraltet. Das Prinzip der Mixe wird auch beim anonymen Websurfen (z. B. über das TOR-Netzwerk) angewandt. Hierbei wird die IP-Adresse (eine Art Identität des Rechners im Internet, die beispielsweise zu den Vorratsdaten gehört) gegenüber dem Webserver verschleiert. Für diese Anwendung existieren aktuelle Softwarepakete und die Nutzung ist kinderleicht! In Verbindung mit Web-basierten Maildienstleistern kann das TOR-Netzwerk ersatzweise zur Pseudonymisierung verwendet werden.
Kein Schutz vor Geheimdiensten
Auch wenn alle Tipps hier befolgt werden, müssen sich beide Seiten darüber im Klaren sein, dass die Geheimdienste trotzdem Erkenntnisse über Sender und Empfänger sammeln. Insbesondere muß man davon ausgehen, dass schon das Herunterladen und Informieren über Anonymisierung zu einer weiteren Beobachtung durch die Dienste führen wird.
Handreichung an Journalisten
Ulrich Greveler hat einen Formbrief entwickelt, den investigative Journalisten kopieren, verändern und nutzen dürfen, wenn sie einen (mehr oder weniger) anonymen Hinweis per E-Mail erhalten haben. Falls für einen Hinweis an den Tippgeber kein Rückkanal zur Verfügung steht (bei anonymen Mails ist das nicht selten der Fall), kann dieser Blogpost (auf Anfrage) übernommen und auf eine Seite gesetzt werden, von der man annimmt, dass sie der Informant findet oder auf diesen Beitrag bei Ruhrnalist.de hingewiesen werden.
Der Formbrief:
Liebe/r unbekannte/r Informant/in,
ich danke Ihnen für die Information vom (…) in Bezug auf (…). Für meine journalistische Arbeit sind solche Insider-Tipps von essentieller Wichtigkeit. Da ich viele anonyme Hinweise erhalte und diese oft aus durchsichtiger Motivation heraus versandt werden oder schlicht zu unklar sind, um eine weitere Recherche zu rechtfertigen, gehe ich dem Großteil dieser Hinweise nicht weiter nach. Ich bitte Sie vielmehr, sich persönlich unter (…) an mich zu wenden. Wenn ich Sie kennengelernt und ein persönliches Gespräch mit Ihnen geführt habe, kann ich die Qualität Ihrer Hinweise einschätzen und entsprechend handeln. Selbstverständlich sichere ich Ihnen umfassenden Quellenschutz zu: Ich werde unter keinen Umständen Ihre Identität gegen Ihren Willen preisgeben. Der Quellenschutz gehört zu den Grundsätzen der Pressefreifreiheit und stellt die Wächterfunktion der Presse sicher; ich kann daher auch nicht von einem Gericht zur Aufdeckung Ihrer Identität gezwungen werden. Sollten Sie sich trotzdem entscheiden, weiterhin anonym bleiben zu wollen, möchte ich Sie jedoch davor warnen, den bisherigen Weg der Kontaktaufnahme weiterzuverfolgen. Ihre E-Mail ist unverschlüsselt und weist sogenannte Header-Daten auf, die eine Identifizierung des Absenders oder zumindest eine Einschränkung des infrage kommenden Personenkreises möglich erscheinen lassen. Sie sollten daher nicht mehr auf diese Weise kommunizieren, wenn Sie Ihre Identität verbergen möchten, weder mit Journalisten, noch mit Behörden oder anderen Mailempfängern. Es gibt sichere Dienste für eine pseudonyme E-Mail-Nutzung. Sie verfügen mit diesen über eine adressierbare Absenderadresse, können also Rückfragen beantworten und die Kommunikation mit beliebigen Empfängern fortsetzen, ohne Ihre Identität preisgeben zu müssen. Sie finden Hinweise dazu unter den URLs
- Privacy-handbuch.de
- heise.de Artikel Selbstverdunkelung
- Wikihow.com Anonyme Emails verschicken
- Wikipedia Remailer
- Pressfreedom Foundation securedrop
Sollten Sie sogenannte Remailer-Dienste, die einen gewissen technischen Sachverstand voraussetzen, nicht nutzen können, sei Ihnen als minimale Vorsichtsmaßnahme angeraten, nur Web-basierte Postfächer (z. B. Yahoo!Mail) zu verwenden, dort fiktive Angaben zu Ihrer Person zu machen und Ihre IP-Adresse bei jeder Nutzung des Servers zu verbergen. Dies kann mithilfe eines einfach zu installierenden Tor-Browser-Bundles erreicht werden.
Beachten Sie aber: Ohne eine Verschlüsselung der Mails müssen Sie befürchten, dass der Inhalt nicht nur dem Empfänger bekannt wird. Lediglich Ihre Identität bleibt verborgen. Zudem können Metadaten in angehängten Dateien Informationen über Sie enthalten (z. B. Name, Koordinaten, Kamera-ID). Sie sollten daher Anhänge nur versenden, wenn Sie diese Daten entfernt haben. Über eine persönliche Kontaktaufnahme ohne verborgene Identität würde ich mich jedoch sehr freuen!
Mit freundlichem Gruß (…)