Live is life? Live-Streaming mit Pericope missverstanden

In der Debatte um Live-Streaming per Pericope und Co.  gibt es Missverständnisse:
Es ist nicht so, dass Fernsehstationen heute nicht in der Lage wären, Live-Web-Video zu nutzen. Natürlich tun sie es. Dann, wenn keine anderen Bilder vorliegen und die ersten Bilder die entscheidenden sind (z.B. bei der Fabrikexplosion in China im August 2015).

Journalismus besteht aber lange nicht nur aus besonderen Ereignissen, die sich mit dem Hinhalten einer Kamera so einfach abbilden lassen. Das sind nur wenige Events in einem Reporterleben. Zudem wird selbst bei zukünftig leistungsfähigeren Mobilfunk-Leitungen dort das Netz instabil, weil Tausende gleichzeitig ihr Mobilfunkgerät nutzen.
Schon heute haben alle TV Sender eigene Apps, mit denen der Reporter live auf Sendung gehen kann: bspw. die Tagesschau App, die einen Reportermodus hat.

Es gibt im Übrigen einige Apps wie Bambuser, die im Periscope-Hype übersehen werden, die Vorteile gegenüber reinen Live-Apps haben: Sie zeichnen das Signal in voller Qualität auf und sind dann nicht von der Leitungsqualität abhängig. Diese Apps sind viel mehr TV-gerecht als Periscope und Co. Die großen Agenturen haben das erkannt und nutzen diese Techniken in ihren Apps als ein Plug-In (SDK).

Tatsächlich haben aber die Live-Apps eine viel größere Bedeutung, als dem klassischen TV Konkurrenz zu machen: Sie sind social. Ein Autor filmt und kommuniziert mit dem Publikum. Authentisch. Und das ist nicht ins TV-Programm zu übertragen. Das ist etwas Neues. Darin liegt die Chance. Auch für Journalisten.

Doch dort kommt ein neues Problem ins Spiel: Die Bildrechte. Wer live streamt, kann nicht vorher um Erlaubnis fragen. Wer sich an journalistische, persönlichkeitsrechtliche und ethische Standards halten will hat keine Wahl: Daher bleibt das Tool Live-Video-Streaming auf bestimmte öffentliche Situationen beschränkt.

Doch was helfen Live-Bilder, wenn die Einordnung fehlt? Von wem geht die Handlung aus? Was ist passiert? Wer ist verantwortlich? Was ist der Hintergrund?
Das sind Fragen, die Journalisten von Nutzern unterscheiden, die nur das Live-Bild streamen. Und zudem: Bilder zeigen nicht immer die volle Wahrheit. Ohne – oder mit falscher – Einordnung können sie sogar lügen.

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