Ich teste ja gerne Mikrofon-Aufnahmen, die ich von anderen Interviewpartnern per Smartphone-Aufnahme für meine Radiobeiträge bekomme. Inzwischen schicken mir auch regelmäßig Kollegen ihre Aufnahmen zur Beurteilung zu. Weil es mit Ansteckmikrofonen häufig schlechte Aufnahmen gibt, rate ich zumeist rigoros von Zusatzmikros ab, solange sie nicht von Profis verwendet werden. Denn zu viel kann schief gehen: man pustet hinein bei Plosiven (F- oder P-Lauten), Wind bläst hinein, das Kabel ist kaputt oder es scheuert an der Kleidung. Am Ende kommen immer Töne raus, die nur durch hartes Filtern verwendbar werden.
Mehr dazu: 10 Tipps – Audioaufnahme: Interview per Smartphone
Heute schickte mir ein Kollege ein Interview, das der Sprecher mit seinem immerhin ca 130 € teuren Ansteckmikrofon für das iPhone aufgenommen hat. Er hat eine tolle Stimme mit großer Frequenzbandbreite – vom bayrischem tiefen Bass bei 50 Hz bis zu gepressten hohen Fisteltönen bei 10 kHz. Die Aufnahmen hatten zunächst eine wunderbare Präsenz und Klarheit. Erst beim zweiten Hinhören mit einem guten Kopfhörer kommt heraus: er hätte doch besser das eingebaute Mikro am iPhone genommen.
Smartphone Mikrofon
Es gibt eine ganze Reihe von Smartphone-Mikrofonen, die entweder unten in die Kopfhörerbuchse oder den Ladeport eingesteckt werden. Das bekannteste ist das Shure MV88. Sie haben alle eine deutlich größere Membran als die eingebauten Smartphone Mikrofone und können daher schon durch die Bauart die Stimme deutlich feiner auflösen. Die meisten Nutzer halten dann das Smartphone mit dem Mikrofon etwa 10 bis 20 cm vor dem Mund bei der Aufnahme.
Tatsächlich neigen diese Mikrofone durch ihre Konstruktion als Kondensator-Mikros zum Übersteuern – oder einfacher ausgedrückt zum “Ploppen”. Es gibt einen unschönen, knallenden Fehlton, der entsteht, wenn die Membran an den Rand ihrer Schwinggrenze gebracht wird. Solche Störungen sind entweder nur als sehr tiefer, rumpelnder Unterton zu hören oder können auch die Aufnahme an dieser Stelle völlig unbrauchbar machen, wenn sie besonders heftig sind. Achten Sie dem folgenden Hörbeispiel auf das Rumpeln beim Wort “34”. In diesem Fall ist es nur eine leichte Störung, die man problemlos heraus filtern kann.
(Dafür brauchen Sie einen Kopfhörer)
Profis nutzen daher im Studio immer einen “Plopp”-Schutz, eine Art vorgesetzter Membran meist aus Stoff, die diese Luftbewegung abfängt. Auch ein dichter Schaumstoff oder draußen zusätzlich eine dünne Folie helfen, das schlimmste zu verhindern. Besser ist eine Dead Cat, also künstliches “Katzenfell” aus langhaarigen Kunststofffasern, in denen sich die Luft totläuft, die aber vom erwünschten Schall durchdrungen wird. Merke: sie müssen keinesfalls ihrer Katze das Fell über die Ohren ziehen, weil deren Lederhaut würde die Töne nicht passieren lassen.
Noch nerviger in dem obigen Hörbeispiel ist aber das Rauschen unter der gesamten Aufnahme. Beim Rauschteppich unterscheiden sich Mikrofone in der Qualität. Gute Großmembranmikros mit ordentlichen Vorverstärkern rauschen heute fast gar nicht mehr. Was man vor 20 Jahren noch toleriert hätte, fällt heute schnell als unakzeptabel auf. In diesem Hörbeispiel stört es besonders, weil es komplett unnötig ist. Eine Aufnahme mit dem eingebauten iPhone-Mikrofon wäre besser gewesen.
eingebaute Smartphone Mikrofone sind besser
Nach sicher mehr als 100 Tests bin ich mir inzwischen ziemlich sicher, dass bei den meisten hochwertigen Smartphones die eingebauten Mikrofone die beste Aufnahme bieten. Zum Beispiel bei den Samsung Galaxy S und iPhone Varianten sind recht gute Mikros eingebaut. Werden die Geräte bei der Aufnahme am Ohr gehalten, verspricht das Ergebnis gut zu werden. Mehr dazu hier: 10 Tipps – Audioaufnahme: Interview per Smartphone.
So ist es auch in dieser Aufnahme. Zwar bietet sie (siehe Frequenzanalyse-Bild) in den Höhen noch eine bessere Aufnahme bei 10 kHz, wo ein Mann erst mal sprachlich hinkommen muss. Das würden die meisten Smartphone Mikrofone kaum abbilden. Aber unten drunter liegt leider auch Rauschen, so dass dieser Vorteil zum Nachteil wird, weil dort der Filter arbeitet und vieles wegnimmt. Bei der Aufnahme pur, ohne externes Mikro, wäre ein Filter nicht nötig gewesen. Zusätzlich gibt es eine Lücke im Bassbereich bei ca. 50-100 Hz und unterhalb von 30 Hz sind die tieffrequenten Störungen.
Um beide Probleme zu beseitigen, habe ich folgende Filterkurve angelegt. Das Ergebnis ist dann ein ordentlicher, akustisch fehlerfreier Ton, der aber von seiner Brillanz deutlich verloren hat.
Am Ende bleibt das Fazit: eingebaute Smartphone Mikrofone sind für Gelegenheitsnutzer die bessere Alternative.
Nur gut, dass der Artikel im April erstellt wurde.
Um im Nahbereich einzusprechen, bieten Apple und Co. im iPhone oder am Mac mittlerweile virtuell rauschfreie Ergebnisse die bemerkenswert sind.
Was im Smartphonbereich oft nicht geht sind Stereoaufnahmen und stärker gerichtete Aufnahmen. Auch ist man auf Gedeih und Verderb den Bearbeitungsschritten der DSPs ausgeliefert. Ein höherwertiger Einspieler mit Gesang und Akustikgitarre sind mit dem Shure möglich, beim iPhone nur ohne direkten Vergleich erträglich.
Die im Artikel aufgeführten Diagramme sind leider nichtssagend, Interferenzen und Abklingen durch die Umgebung verursacht, nicht durch das Mikro selbst, usw.